EDITORIAL Die Interessen der jungen Generationen haben sich gewandelt, auch im Hinblick auf die Arbeit: Work-Life-Balance, modernes Arbeitsumfeld, sinnstiftende Arbeit und Weiterbildungsmöglichkeiten – die Anforderungen an den Arbeitsplatz und an den Arbeitgeber ändern sich rapide. Der Artikel „Wünsch Dir was…“ zeigt uns beeindruckend, wie schnell sich die Einstellungen ändern und was ein Unternehmen heute bieten sollte, um junge Nachwuchskräfte zu gewinnen. Kein einfaches Unterfangen, weil viele Maßnahmen nicht von heute auf morgen umgesetzt werden können. Und neben den technischen Maßnahmen geht es auch um die Unternehmenskultur: „Die Motivation erfolgt über Anerkennung, Wertschätzung und ein gutes soziales Miteinander.“ „Wo sind meine Kolleg:innen?“ – schon die Eingangsfrage unseres zweiten Artikels mit Bezug zu den Themen des Symposiums zeigt uns die Brisanz auf. Welche Folgen hat der Personalmangel für unsere Organisationen und für die Qualität unserer Arbeit? Aus meiner Sicht sind die Folgen jetzt schon gravierend, wenn bedeutende Anteile unserer Kolleginnen und Kollegen aussagen, dass die Stimmung immer schlechter wird, dass es zu Fehlern bei der Zusammenarbeit kommt oder dass sie nicht mehr mit der erforderlichen Sorgfalt arbeiten können. Die Verantwortlichen müssen hier schnellstens reagieren. Denn bei unserer Arbeit geht es nicht darum, die Champions League zu gewinnen oder Deutscher Meister zu werden. Bei uns geht es darum, Menschen zu schützen und zu retten, Umweltschäden zu vermeiden, Sachschäden zu reduzieren und Arbeitsplätze zu sichern! ANERKANNTE REGELN DER TECHNIK? Die Anzahl der Verbände, Vereinigungen, Interessengemeinschaften etc., die im weitesten Sinne den Brandschutz für sich „entdeckt“ haben, nimmt ständig zu. Diese Gruppen beginnen dann häufig nach kurzer Zeit mit der Erstellung diverser Empfehlungen, Richtlinien, Normen oder ähnlichem. Wir beobachten zunehmend, dass sich einige Institutionen über ihr originäres Aufgabengebiet hinaus „plötzlich“ immer mehr mit dem betrieblichen Brandschutz beschäftigen, dies ist zum Beispiel im Bereich des Arbeitsschutzes festzustellen. Daneben gibt es etablierte Gruppen, die bei der Erstellung oder Fort- führung ihrer Regelwerke zunehmend auf Eigeninteressen bedacht sind. Dazu gehören insbesondere die in den Normungs- gremien (DIN, EN, ISO) überproportional vertretenen Hersteller von Brandschutzprodukten. Dies alles führt auf der einen Seite zu einer Vielzahl von neuen, überarbeiteten, ergänzten und erweiterten Regelwerken. Hierzu im Rahmen einer vernünftigen und fachgerechten Richtlinienarbeit fachlich Stellung zu beziehen, ist allein aufgrund der schieren Menge von Veröffentlichungen nahezu unmöglich. Des Weiteren müssen wir inzwischen regelmäßig erfahren, dass unsere Stellungnahmen – gerade von etablierten Gruppen – zwar gehört werden, eine Berücksichtigung aber nur dann erfolgt, wenn es den jeweils eigenen Interessen entspricht und diese damit durchgesetzt werden können. Für den Begriff „anerkannte Regeln der Technik“ gibt es diverse Definitionen. Ihnen allen ist gemein, dass sie von einer Mehrheit repräsentativer Fachleute als Wiedergabe des Standes der Technik angesehen werden. Umgekehrt bedeutet das aber auch, dass eine in der Fachwelt umstrittene Regel nicht als anerkannte Regel der Technik bezeichnet werden kann. Diese Aussagen decken sich auch mit den Definitionen für den Stand der Technik. Wenn aus Expertensicht unabgestimmte, fehlerhafte und auch ungeeignete und/oder unnötige „Dokumente“ erstellt und veröffentlicht werden, besteht die konkrete Gefahr, dass diese von beteiligten Kreisen bis hin zur Judikative als anerkannte Regeln der Technik eingestuft werden. Das führt einerseits aus brandschutztechnischer Sicht zu oftmals nicht gerechtfertigten, teilweise beträchtlichen Mehrkosten. Andererseits entstehen dadurch auch erhebliche rechtliche Unsicherheiten – insbesondere auf Seiten von Bauherren und Betreibern – durch das Fehlen eines umfassenden Verständnisses der Materie. Da der bisher übliche Weg der Richtlinienarbeit aktuell nicht mehr erfolgreich umgesetzt werden kann, ist es aus unserer Sicht notwendig, eine Anpassung vorzunehmen: Als Bundesverband Betrieblicher Brandschutz / Werkfeuerwehrverband Deutsch- land e.V. (WFVD) vertreten wir die überwiegende Mehrheit der in Deutschland vorhandenen Fachleute und Experten zum betrieblichen Brandschutz. Aus unserer Sicht ist es nicht nachvollziehbar zu begründen, eine Regel als a.R.d.T. zu bezeichnen, wenn sie von unserem Verband nicht ebenso bewertet wird. Auf der Homepage des WFVD planen wir daher, eine neue Rubrik zum Thema „Anerkannte Regeln der Technik im betrieblichen Brandschutz“ einzuführen. Darin werden uns bekannte Dokumente bzw. Regeln von unseren Experten bewertet und eingestuft. FORSCHUNG ZUR BRANDBEKÄMPFUNG BEI ENTSTEHUNGSBRÄNDEN Über viele Jahre hinweg hat unser Fachbereich Vorbeugender Brandschutz versucht, ein Forschungsprojekt zum Thema Entstehungsbrände zu initiieren. Etwa 2010 begannen die ersten Vorstöße, um Forschungsgelder zu akquirieren und Partner aus Wissenschaft und Forschung zu finden. Letztendlich konnte die DGUV – als unsere langjährige Partnerin und wichtiger Bestandteil unseres Netzwerkes – einen entsprechenden Forschungsauftrag an Herrn Prof. Dr. Roland Goertz von der Bergischen Universität Wuppertal erteilen. Brandaktuell wurden jetzt die Ergebnisse veröffentlicht. Im Forschungsprojekt „Schutz der Versicherten bei der Bekämpfung von Entstehungsbränden“ wurden dazu umfassende Brand- und Löschversuche sowie Brandsimulationen durchgeführt. Ziel war es, eine umfassende Bewertung der Entstehungs- brandbekämpfung im Sinn der ASR A2.2 vornehmen zu können. Die Ergebnisse belegen jetzt auch wissenschaftlich, wovon wir als Experten im betrieblichen Brandschutz aufgrund unserer Erfahrung und Kompetenz schon immer ausgegangen sind: Die Prüfbrände für Feuerlöscher nach DIN EN 3-7 sind zwar für die Beurteilung der Leistungsfähigkeit von Feuerlöschern geeignet, nicht aber für die Beschreibung eines Entstehungsbrandes im betrieblichen Umfeld. Wird ein Prüfbrand nach DIN EN 3-7 in einer büroähnlichen Umgebung simuliert, dann entstehen Temperaturen und Rauchgasbelastungen in einem Ausmaß, das eine Brandbekämpfung mit tragbaren Feuerlöschgeräten unmöglich macht. Auch bei deutlich kleineren Bränden ist eine gefahrlose Brandbekämpfung nicht möglich. 5